Baumtomographie

Wenn bei der Regelkontrolle zur Überprüfung der Verkehrssicherheit Schadsymptome festgestellt werden, deren Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit nicht abschließend beurteilt werden können, muss eine Untersuchung durch Fachkräfte erfolgen, die meist Geräte zur Diagnose einsetzen. Die Auswahl an Geräten ist groß und für den Anwender oft unübersichtlich.

Einen Überblick über die zurzeit verwendeten Verfahren und ihre Vor- und Nachteile enthält dieser Artikel. Im Folgenden werden einige bekannte (Schalltomographie, Zugversuche) und weniger bekannte Verfahren (elektrische Widerstandstomographie, Georadar, dynamische Baumanalyse, Thermographie) vorgestellt.

Dabei werde ich versuchen, so oft wie möglich auf aktuelle Abschlussarbeiten hinzuweisen.

Abbildende Verfahren

Schalltomographie

Schalltomographen nutzen die Tatsache, dass Defekte wie Fäulen, Höhlungen und Risse den Schall zu einem Umweg zwingen und dadurch die scheinbare Geschwindigkeit von Körperschall im Holz verringert wird (S. Rust 2000a, S. Rust (2000b)).

Schalltomographen bestehen aus einer Reihe von Sensoren (typisch sind 10 bis 14 Stück), die rings um den Stamm befestigt werden und einem Computer zur Steuerung und Datenauswertung. Die Schallimpulse werden mit einem kleinen Hammer erzeugt und über Messstifte mit 0,8 - 2 mm Durchmesser, die durch die Rinde auf den äußeren Jahrring gebracht werden, in den Holzkörper eingekoppelt. Da bei jedem Klopfen alle Sensoren die Laufzeiten erfassen, entsteht ein dichtes Netz von Schallgeschwindigkeitsdaten. Meist werden relative Schallgeschwindigkeiten ausgewertet, sodass sich das System an jedem gemessenen Querschnitt selbsttätig kalibriert. Das Ergebnis des Tomographen ist daher weitgehend unabhängig von den Eigenschaften der Baumart. Aus diesen Daten wird direkt vor Ort ein Tomogramm des Stammquerschnittes berechnet.

Der PICUS Schalltomograph wurde 1999 erstmals vorgestellt und ist wohl weltweit das erste Gerät dieser Art, das für den praktischen Einsatz in der Baumuntersuchung erhältlich war (S. Rust 2000a, S. Rust (2000b)). Seit einigen Jahren ist mit dem Arbotom ein zweites Produkt dieser Art auf dem Markt (Rinn 2004). 2007 wurde bei den Deutschen Baumpflegetagen in Augsburg auch ein Schalltomograph aus Ungarn vorgestellt, Fakopp 2D. Die Entwicklungsarbeit begann aber auch bei diesem Gerät bereits in den neunziger Jahren (Divos 2000).

Elektrische Widerstandstomographie

Mithilfe dieses Verfahrens wird die Verteilung des elektrischen Widerstandes im Stammquerschnitt geschätzt (Dubbel et al. 1999, Weihs et al. (1999)). Es arbeitet mit Vier-Punkt-Anordnungen, bei denen ein niederfrequenter Wechselstrom an zwei Punkten eingespeist und an zwei anderen abgegriffen wird. Bis zu 24 Nadelelektroden werden gleichmäßig auf den Stammumfang verteilt und erfassen scheinbare elektrische Widerstände, die in eine tomographische Darstellung der Verteilung der scheinbaren spezifischen elektrischen Widerstände umgerechnet werden

Der elektrische Widerstand hängt u. a. von der Holzfeuchte und der Verteilung von Ionen ab. Beide werden von Fäulen verändert.

Die Auswertung der Tomogramme bedarf umfangreicher Kenntnisse über die Widerstandsverteilung bei den verschiedenen Baumarten. Diese variieren nicht nur zwischen den Baumarten, sondern auch innerhalb einer Baumart, z.B. in Abhängigkeit vom Alter. Eigene (D. Bieker and Rust 2010a, D. Bieker and Rust (2010b), Bieker et al. (2010)) und Ergebnisse anderer Arbeitsgruppen (Brazee et al. 2010) zeigen aber, dass diese Methode wertvolle Zusatzinformationen für die Interpretation von Schalltomogrammen liefert, z. B. bei beginnenden Fäulen, Nasskernen und Rissen.

Thermographie

Die Anwendung der Thermographie in der Baumuntersuchung ist ein Thema, das seit über 20 Jahren regelmäßig in den Fachzeitschriften und bei Tagungen thematisiert wird (Catena 2003, Burcham et al. (2011), Burcham et al. (2012)). In der Regel wird sie als eine Methode zur Lokalisierung von Stammdefekten verwendet. Auch rindenbrütende Insekten sollen mit dieser Technik lokalisiert werden können.

Zurzeit untersuchen wir diese sowie weitere Anwendungen (Rust 2015).

Wurzelortung

Georadar

Hierbei werden elektromagnetische Impulse von der Bodenoberfläche in den Untergrund abgestrahlt, und an Schichtgrenzen, Einlagerungen oder Objekten reflektiert oder gestreut. Eine Antenne zeichnet die Laufzeit und die Amplitude der reflektierten Strahlung auf. Die Fähigkeit eines solchen Systems, Wurzeln zu orten, hängt stark von den Bodenverhältnissen ab. Ein sehr hoher Salz-, Wasser- oder Tongehalt kann verhindern, dass Wurzeln mit ausreichender Sicherheit erkannt werden.

Zur dreidimensionalen Abbildung des Wurzelsystems eines Baumes muss ein enges Raster von Linien um diesen herum mit dem Gerät abgefahren werden. Zur Erfassung der Durchwurzelung eines Bereiches, z.B. eines Weges, reicht die Messung von Linien aus. Als Ergebnis erhält man Abbildungen, auf denen die Objekte kreisförmig mit einer ihrer tatsächlichen Größe entsprechenden Fläche erscheinen.

An Einzelbäumen und in homogenen Forstflächen wird das Verfahren seit Ende der 1990er Jahre mit einigem Erfolg eingesetzt (Hruska, Cermák, and Sustek 1999). Seit einigen Jahren gibt es Anwendungsbeispiele für die Begutachtung von Bäumen, auch im urbanen Umfeld (Godio et al. 2000, Rust and Gustke (2006), Diesendorf et al. (2007), Vianden et al. (2010)), sowie kommerzielle Anbieter.

Zugversuche: Untersuchung der Stand- und Bruchsicherheit

Zugversuche sind zerstörungsfreie Methoden zur Untersuchung der Stand- und Bruchsicherheit (Wessolly 1989, Sinn and Wessolly (1988)). Dabei wird mittels einer Winde über ein Seil der zu untersuchende Baum unter Spannung gesetzt. Die in Zugrichtung eingeleitete Kraft wird aufgezeichnet.

In die Berechnungen gehen im Gegensatz zu den bisher genannten Verfahren Abschätzungen der Windlast ein. Diese wird u.a. aus der Baumhöhe, der Kronenfläche, baumartenspezifischen und windgeschwindigkeitsabhängigen cw -Werten, Schwingungseigenschaften des Baumes sowie Standortsfaktoren wie Geländerauhigkeit und Seehöhe ermittelt. Die Auswertung erfolgt mit Computerprogrammen, die als Ergebnis eine Stand- und/oder Bruchsicherheit ausgeben.

Zur Beurteilung der Standsicherheit des Baumes werden am Stammfuß ein oder zwei Neigungsmessgeräte angebracht, welche die Neigung (und Biegung) des Baumes in Abhängigkeit von der jeweiligen Zugkraft ausgeben. Bei der Inclinomethode wird davon ausgegangen, dass sich das Kippverhalten der Bäume durch eine allgemeine Kippkurve beschreiben lässt, nach der alle untersuchten Bäume zwischen 2,5° und 5° Neigung kippten. Die Werte der Neigungsmessung, bei der der untersuchte Baum in der Regel höchstens 0,25° Neigung erreicht, werden bis 2,5° extrapoliert und so die für diese Neigung erforderliche Windlast geschätzt. Diese wird mit der geschätzten Bemessungswindlast (bei Orkan oder einer Windgeschwindigkeit mit 2% Überschreitungswahrscheinlichkeit) verglichen.

Die AfB-Methode (AfB: Arbeitsstelle für Baumstatik) unterscheidet sich methodisch durch Unterschiede bei der Windlastermittlung, der Messung (Zweipunktmessung und deutlich stärkere Neigung des Baumes mit mindestens 30 Prozent der geschätzten Windlast bei Windstärke 12) und der Auswertung der Messdaten mithilfe einer Kraft-Neigungskurve.

Zur Schätzung der Bruchsicherheit wird mit so genannten Elastometern oder Dilatometern die Dehnung der äußersten Holzfasern gemessen. Aus dieser und der Elastizitätsgrenze wird auf die für das Primärversagen erforderliche Spannung geschlossen. Die Elastizitätsgrenze wird dem so genannten Stuttgarter Festigkeitskatalog entnommen.

Der Stuttgarter Festigkeitskatalog, die Kippkurve, die Kraft-Neigungskurve der AfB-Methode und die Methoden der Windlastabschätzungen werden seit Jahren in der Praxis eingesetzt. Sie sind allerdings bisher ebenso wenig wissenschaftlich veröffentlicht worden wie Einzelheiten über die Art und Weise, wie die Berechnungen durchgeführt werden. Eine objektive und unabhängige Beurteilung der Qualität der für die Berechnungen zentralen Daten und Methoden ist daher nicht möglich. Auch so ist aber darauf hinzuweisen, dass die Schätzung einer nichtlinearen Regressionskurve, wie sie die Kippkurve und die Kraft-Neigungskurve darstellen, aus lediglich ein bis vier Messpunkten und ihre Extrapolation weit über den Bereich der Messungen hinaus mit ganz erheblichen Unsicherheiten behaftet sind. Neuere Geräte zeichnen Daten inzwischen mit einer sehr viel höheren Frequenz auf.

Im Gegensatz zu allen anderen hier vorgestellten Methoden treffen die Zugversuche durch die Angabe von Bruch- und Standsicherheiten direkt eindeutige Aussagen.

Dynamische Baumanalyse

Das natürliche Schwingungsverhalten von Bäumen im Wind kann Hinweise auf eine mögliche Wurfgefährdung geben (Gustke and Rust (2002), Rust (2002), James (2003)). Durch relativ kostengünstige Sensoren kann eine größere Zahl von Bäumen überwacht werden, um auffällige für eine nähere Untersuchung zu identifizieren. Im Anschluss an Zugversuche kann die tatsächlich auf einen Baum wirkende Windlast abgeschätzt werden.

References

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